Goldener  Schnitt  -  Miró

Neulich waren wir in Ludwigshafen im Hack-Museum. Wir hatten von der Veranstaltung ”Artlounge” gelesen und waren in der Ankündigung über den Namen Zacharias Zschenderlein gestolpert.

Der Name ist zwar ungewöhnlich, aber das war nicht der Grund für unsere Aufmerksamkeit. ”Zachi” war unser Workshopleiter bei unseren Auftritten mit dem Geräuschorchester #1 und Geräuschorchester #2. Er hatte uns in die elektronisch erzeugten Klangwelten eingeführt und für diesen Abend war angekündigt, dass er für den musikalischen Hintergrund sorgen würde. Es hat uns sehr beeindruckt, was er allein mit dem umfangreichen Equipment gezaubert hat – aber davon und auch von der Ausstellung im Museum ein anderes Mal.

Der eigentliche Anlass für diese Zeilen ist die Fassade des Hack-Museums, die von Miró gestaltet worden ist. Das Stichwort Miró erinnerte mich an unsere(n) Besuch(e) des Miró-Museum, der Fundació Joan Miró, in Barcelona und daran, dass wir damals staunend vor drei Bildern und auch anderen Objekten gestanden hatten. Ich erinnere, dass unser Verhalten und unsere Bemerkungen über die ”Kunst” uns die missbilligenden Blicke anderer Besucher einbrachte.

Ich machte mich im Internet auf die Suche nach diesen Bildern. Ich fand sie natürlich auch. Und ich entdeckte noch eine anderes Bild, nämlich dieses hier ---- und damit bin ich endlich beim Thema.

Es erinnerte mich an Fotokurse, in denen wir gehört hatten, dass die Anordnung von Bildelementen gemäß dem ”Goldenen Schnitt” besonders ausgewogen und harmonisch wirkt. Nun, Goldener Schnitt, für Fotografen etwas vereinfacht als ”Drittelregel” bezeichnet, bedeutet, das Motiv oder den Hauptblickpunkt bei einem Verhältnis 1/3 zu 2/3 im Bild zu platzieren. Miró kannte bestimmt den Goldenen Schnitt, aber hatte er das bei der Anordnung dieser Kugel in seinem Bild beachtet ? Nach der Fotografen-Drittelregel hängt die Kugel daneben. Aber goldener Schnitt heißt ja nicht genau 1/3.

Kugel1k

Die Definition :

Eine Strecke ist im Verhältnis des ”Goldenen Schnittes” geteilt, wenn sich die beiden Teilstücke zueinander verhalten wie das längere Teilstück zur ganzen Strecke.

Das muss man aufzeichnen, um es wirklich zu begreifen.

Formel1

Wenn die ganze Strecke die Länge l = 1 und das längere Teilstück die Länge x haben, so heißt das :

Formel2

Für x gilt also die quadratische Gleichung

Formel3

Diese Gleichung hat die beiden Lösungen

Formel4

und

Formel5

Die gesuchte Länge muss positiv sein, also erhält man das längere Teilstück  durch Multiplikation der Gesamtlänge mit 0,618.

Das längere Teilstück ist nach dem goldenen Schnitt mit 0.618 also fast 10 % kleiner als nach der Drittelregel mit 0.666. 

Zurück zu dem Bild von Miró ! Das Linealwerkzeug in Photoshop liefert die Maße in Pixel.

Wenn man mit dem Faktor 0.618 für den Goldenen Schnitt nun die gemessenen Strecken nachrechnet ……

Kugel_ma

Kann das Ergebnis wirklich überraschen ?

Die Stanniolkugel hängt sowohl hinsichtlich der Bildbreite als auch der Bildhöhe genau im Goldenen Schnitt !

(Für Pedanten füge ich ein ”fast” ein und zeichne den exakten Punkt in rot ein).

Für mich bleibt eine spannende Frage :

Kugelped

Wie ist dieses ”Object-picture” entstanden. Hat Miró die ”Zutaten” : wooden frame, eye bolt, thread and golden aluminium foil wie sie in der Materialliste des Katalogs stehen einfach zur Hand genommen und zusammengebaut ? Hing dann die Alukugel genau im Goldenen Schnitt ? Oder hat er einen Zollstock zu Hilfe genommen, gerechnet und dann den Punkt auf der Leinwand markiert.

 

Würde ich schon gerne wissen.

Es gibt noch ein Bild von Miró, das die Frage nach dem Goldenen Schnitt herausfordert. Es heißt ”paisage” also Landschaft. Wobei die Landschaft recht übersichtlich ist.

Landscape Bild
Landscape GoldenerSchnitt

Goldener Schnitt ? In der Höhe kommt es ja hin, aber in der Breite passt es nicht. Die Landschaft, die sich vor dem Künstler ausbreitete war dann doch nicht in allen Richtungen golden geschnitten.

Das Thema Goldener Schnitt beschäftigt mich noch in anderen Betrachtungen. Hier möchte ich aber doch noch auf die anfangs erwähnten drei Bilder zurückkommen, die wir damals etwas fassungslos betrachtet hatten.

Peinture sur fond blanc pour la cellule d'un solitaire     (I)  (II)  (III)

paint1
paint2
paint3

Vom Goldenen Schnitt (ich habe viel gemessen und gerechnet) kann ich da nichts erkennen. Dabei hätte ich dieses bei dem Titel der drei Bilder durchaus erwartet. Der Goldene Schnitt wurde doch lange Zeit als ”Göttliche Proportion”,  als ”proportio divina”  bezeichnet. Da wäre die Anwendung für die Ausschmückung eines Ortes der Stille und der Besinnung in einer Einsiedlerklause oder einem Kloster doch angemessen gewesen. Aber vielleicht hatte Miró auch etwas anderes im Sinn. Die Abmessungen der Bilder, jedes 3,50 m breit und 2,67 m hoch, also eine Zelle mit etwa 4 x 4 m Grundfläche also ca. 16 m² findet sich auch nicht unbedingt in jedem Kloster.